Das Interview wurde bereits Mitte 2022 geführt.
MiaSkribo: Die Corona-Pandemie hat ja in den letzten zwei Jahren auch in der Schreibgeräteindustrie für große Probleme gesorgt. Wie positioniert sich Cleo Skribent aktuell?
Anja Weber: Wir haben eine gute Entwicklung seit Ende 2021. Erfreulicherweise zieht die Nachfrage deutlich an. Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden, nachdem die Corona-Pandemie natürlich auch für uns eine harte Zeit war.
MiaSkribo: Aber der Ukraine-Krieg ist ja das nächste Problem. Cleo kommt ja aus Ostdeutschland, hat zu DDR-Zeiten gerade auch zu Russland enge Verbindungen gehabt. Wie wirkt sich das aus?
Mathias Weiß: Die Verbindungen zu Russland waren schon lange vor dem Ukraine-Krieg nicht mehr sehr stark. Unser Geschäft hat sich schon lange in andere Länder verlagert. Deshalb gibt es hier zum Glück keine direkten Auswirkungen auf uns.
MiaSkribo: Im Einzelhandel hört man, dass verschiedene Hersteller gerade große Lieferschwierigkeiten haben. Ich selbst warte seit Monaten auf eine definitive Aussage, wann ich die Produkte eines sehr großen deutschen Herstellers erhalten kann. Wie sieht es bei Euch aus?
Anja Weber: Das ist generell in der Branche zu beobachten. Natürlich war die Corona-Pandemie – wie jede Krise – auch ein Hemmnis für neue Investitionen. Wenn die Lage ohnehin schlecht ist, dann schafft man sich natürlich nicht unbedingt neue Maschinen an oder erneuert bestehende, zum Beispiel. Das ist ganz normal. Es werden auch nicht neue Produktionskapazitäten aufgebaut, allenfalls gehalten. Nun stellt sich die Situation, dass die Nachfrage mit großem Druck wieder da ist, aber die Produktionskapazitäten wieder hochgefahren werden müssen. Es gibt also einen Überhang. Im Falle unserer Schreibgeräte-Linien sind aber alle Produkte ohne Probleme auch weiterhin lieferbar. Der Grund legt eben gerade darin, dass wir die komplette Produktion in eigenen Händen haben und so auch sehr flexibel sind.
MiaSkribo: Viele Analysten haben erwartet – und in manchen Bereichen hat sich das ja auch bestätigt -, dass sich das Geschäft in und nach der Corona-Pandemie sehr stark vom stationären Handel ins Internet verlagern wird. Wie ist Eure Einschätzung?
Mathias Weiß: Ich kann das überhaupt nicht bestätigen. Das hängt mit dem Produkt an. Ein so teures und hochwertiges Schreibgerät wie zum Beispiel einen Füllfederhalter möchte man in die Hand nehmen, die Haptik ist sehr wichtig. Und gute Händler bieten hier natürlich auch ein Ausprobieren an. Im Gegenteil: Wir machen die Erfahrung, dass nach der Corona-Pandemie wieder sehr stark die persönliche Beratung nachgefragt wird.
MiaSkribo: Ein weiteres großes Thema in der Branche sind die Messen. Die Paperworld in Frankfurt wird es nicht mehr geben, sie geht in die Ambiente auf. Die Insights-X in Nürnberg positioniert sich als Alternative, aber mit deutlich weniger Publikum. Wie geht ihr damit um?
Anja Weber: Messen sind für uns – gerade auch, um mit internationalem Publikum in Kontakt zu kommen -, sehr wichtig. Natürlich sind wir im kommenden Jahr auf der Ambiente in Frankfurt. Vielleicht ist das neue Konzept ja auch gut und sorgt für neuen Schwung und auch noch einmal neues Publikum, welches bisher nicht auf der Paperworld war. Wir sind da auf jedem Fall zuversichtlich. Zur Insights-X haben wir uns auch angemeldet und werden dort wieder präsent sein. Auch hier freuen wir uns sehr den persönlichen Kontakt mit Besuchern – nach nunmehr drei Jahren ohne diese Möglichkeit.
Mathias Weiß: Als kleiner Hersteller sind für uns diese Messen sehr wichtig. Anders als in Deutschland, ist der Markt in anderen Ländern – beispielsweise in Asien – noch nicht so stark von den großen deutschen Marken dominiert, sie haben hier keinen so großen Bekanntheitsvorsprung. Gerade auch asiatischen Händlern imponiert aber die deutsche Verarbeitungsqualität, sie kommen zum Teil extra nach Bad Wilsnack gereist, um sich demonstrieren zu lassen, dass wir wirklich alle Produktionsschritte hier vor Ort selbst realisieren. Und hier können wir dann als kleiner Hersteller ebenso punkten, wie große bekannte Marken. Das ist für uns sehr wichtig. Mit solchen Händlern können wir sehr gut auf Messen in Kontakt treten. Eine echte Alternative gibt es dazu nicht.
MiaSkribo: Abschließend: Wie beurteilt Ihr den deutschen Markt?
Mathias Weiß: Wie schon beschrieben, ist er natürlich sehr stark von den großen, bekannten Herstellern dominiert. Als kleiner Hersteller haben wir es hier nicht leicht, wahrgenommen zu werden. Generell läuft hier das Geschäft nach der Corono-Pandemie noch etwas schleppender an als im internationalen Vergleich, was aber auch mit den generell hohen strukturellen Herausforderungen des Einzelhandels in Deutschland zusammenhängt. Stichwort: Immer mehr Fachhändler verschwinden. Auf der anderen Seite beobachten wir aber auch, dass Händler, die ihr Geschäft mit Herzblut betreiben, über die Produkte und Marken – nicht nur unsere, sondern man sollte auch Marken kennen, die man nicht im Sortiment hat – Bescheid wissen, auch weiterhin gut verkaufen. Der Kunde möchte die Beratung, er möchte Schreibgeräte in die Hand nehmen, Füller ausprobieren und etwas über die Marke und das Schreibgerät erfahren. Wer das beherzigt, hat weiterhin einen sehr guten Stand und ist erfolgreich am Markt.