Quelle: Jörg Stroisch

Ein Selfie zur Lesung: Sebastian Krumbiegel (links) und Jörg Stroisch (Geschäftsführer von MiaSkribo).

Auftakt zur Geburtstagsfeier von Cleo Skribent: Eine Reise in sich selbst

Sebastian Krumbiegel, bekannt von „Die Prinzen“, hält zum 80-jährigen Firmenjubiläum der Schreibgerätemanufaktur Cleo Skribent in der Wunderblutkirche in Bad Wilsnack eine Lesung. Vielmehr: Er singt, liest und erzählt. Ein warmherziger Auftakt einer besonderen Geburtstagsfeier

Er ist zurück in der Wunderblutkirche, singt Sebastian Krumbiegel zum Auftakt. Dort war er schon vor zehn Jahren einmal, raunt eine Besucherin im Publikum. Und jetzt ist er zurück: Auf Einladung der Schreibgerätemanufaktur Cleo Skribent, die seinen Auftritt dort anlässlich ihres 80-jährigen Firmenjubiläums sponsort. „Ich schrob ein Buch“, sagt und singt Krumbiegel weiter; er habe „eine Reise in sich selbst gemacht“, stellt er „Meine Stimme“ (200 Seiten, ISBN: 9783955752217, Preis: 20 Euro) vor. „Ich bin wie ich bin und mache mein Ding“, erzählt er. „Mein Buch ist keine Literatur, sondern ich schreibe, wie ich rede.“

Potpurrie aus Anekdoten aus Krumbiegels Leben

Und die Lesung ist so nicht klassisch Lesung, sondern immer wieder setzt sich der Lead-Sänger der „Prinzen“ ans Klavier – oder erzählt einfach. Zum Beispiel von seiner Kindheit in der DDR: „Die Tagesschau eröffnete den Fernsehabend“, also eine West-Nachrichtensendung. Das sei ein Ritual gewesen. Politik wurde in der Familie diskutiert. Und in der Schule hieß es dann jeden Morgen wieder „Seid bereit“ – „Immer bereit“ – das Publikum antwortet auf die Aufforderung wie im Chor, „im Westen würde das nicht funktionieren“, sagt Krumbiegel hier im tiefen ostdeutschen Brandenburg, hier im Altarraum der uralten Wunderblutkirche von Bad Wilsnack. Mit Parolen könne er seitdem nicht viel anfangen.

Er springt zu seiner Band „Herzbuben“, dem Vorläufer der „Prinzen“. „Es gibt Musik, die Dich berührt oder Musik, die Dich nicht berührt“, begründet er seine Abzweigung von der ernsten Musik seiner Eltern in die deutschsprachige Popmusik. Politisch-gesellschaftliche Themen waren hier wichtig, aber zwischen den Zeilen. „Das Publikum hatte dafür eine sensible Antenne“, beschreibt er.

Und während er das Lied „Der schönste Junge aus der schönen DDR anstimmt“, beschreibt er sich als ein Junge, pickelig und „nicht gerade ein Topmodell“, der das singt. „Da haben sich die Leute gedacht: Da stimmt was nicht?!?“ und haben besonders laut geklatscht. Offen habe er die DDR nicht kritisiert, das hätte Berufsverbot bedeutet.

Berührende Erlebnisse mit Udo Lindenberg

Einen großen Raum nimmt auch Krumbiegels Verehrung und Erlebnisse mit Udo Lindenberg ein. „Nicht nur schöne Momente, denn er war damals schwerer Alkoholiker“, beschreibt er seine Tour mit ihm. Und als er ihn dann auf einer Pressekonferenz nach der Wende bei „Rock’n Roll in Jena“ am Klavier begleiten durfte, war das wie eine Erfüllung für ihn. „Als ich das Lied als 12-Jähriger gehört habe, dachte ich: Der spricht ja mit mir.“ Und er verspielt sich bei einem Akkord, „das war mir so unangenehm“ und Udo habe darauf gar nicht reagiert. Erst nach der PK: „War doch ganz schön, oder? Und du hast auch gleich noch was dazukomponiert.“ Am Abend wird hier oft applaudiert, warmherzig und offen spricht Krumbiegel nicht nur hier über Udo Lindenberg.

Eine Lesung ist die Lesung nur gelegentlich, oft erzählt er einfach, singt spontan – nach einer Abstimmung im Publikum – noch etwas. Und besinnt sich auf seine Lesung, möchte etwas über seine 1,5 Jahre in der Nationalen Volksarmee erzählen und bricht diesen Versuch fast unwirsch ab: „Ach wisst ihr was: Ich singe lieber noch etwas.“ Etwa das Lied „Die Demokratie ist weiblich“, nachdem ein Zuschauer sich das wünscht. Spricht davon, dass er „Angst“ für das falsche Wort hält: „Ich bin ein totaler Verfechter der Demokratie.“ Und: „Wir können was machen.“ Und schließt dann mit „Meine Nation sind die Liebenden“.

Keine große Literatur, keine wirkliche Lesung, einfach Krumbiegel, so wie er ist, mit seinen Liedern. Aber gerade das berührt das Herz. Ein amüsanter, berührender Auftakt: Besser kann doch der 80-jährige Geburtstag von Cleo Skribent am 15. September 2025 nicht beginnen.

Autor: Jörg Stroisch

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