Quelle: canva.com/MiaSikribo

Bettina Scheerbarth von Hahnemühle ist Gast in meinem Podcast "Na, schreibst Du schön?"

Podcast #33: Wie Büttenpapiere hergestellt werden

Hahnemühle produziert sehr hochwertiges Papier, unter anderem auch Büttenpapier. Bettina Scheerbarth erklärt in dieser Episode, wie ein Blatt Papier entsteht und wie man echtes Büttenpapier erkennt.
Na, schreibst Du schön?
Na, schreibst Du schön?
Podcast #33: Wie Büttenpapiere hergestellt werden
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Hallo, ich bin Jörg Stroisch und ich bin der Besitzer von MiaSkribo, einem Shop rund um Schreibgeräte und das Handschreiben. Und das ist mein Podcast „Na, schreibst Du schön?“, den ich wirklich mit sehr viel Leidenschaft betreibe. Einmal im Monat gibt es eine neue Episode.

Schon in einer vorherigen Episode habe ich Bettina Scheerbarth interviewt. Sie ist bei Hahnemühle fürs Marketing zuständig und kennt sich natürlich sehr gut mit Papier aus. Hahnemühle ist ein sehr alter Hersteller von Papieren, feierte im letzten Jahr sein 440. Jubiläum.

In dieser Episode geht Bettina mehr ins Detail zur Papierproduktion. Wie funktioniert das eigentlich? Und das sind Ihre Antworten.

Natürlich gibt es diesen Podcast auch auf allen gängigen Podcast-Portalen. Suche mal danach! Hast Du Fragen und Anregungen: Bitte vernetzte Dich dazu gerne mit mir auf LinkedIn oder Instagram.

Transkription (nahe am gesprochenen Wort):

Wie ein Blatt Papier entsteht

Wenn man die ganze Zeit von diesen Fasern spricht, dann muss man sich die so vorstellen, ich sag’ manchmal so wie ein Katzenhaar mit diesem kleinen Widerhaken dran. Diese Papierfasern müssen diese kleinen Faseransätze auch haben, jetzt mal wirklich ganz plakativ gesprochen, damit sie sich ineinander verhaken können, damit sie ein Blatt Papier bilden können, ein sogenanntes Netz eigentlich bilden können. Das ist wichtig, diese Faserbindungseigenschaften sich anzugucken vorab, bevor man dann Papier daraus macht oder während der Produktion dann noch zu entscheiden, okay, wir müssen diese Fasern noch ein bisschen feiner zermahlen, bevor sie dann wirklich unseren Ansprüchen genügen und daraus ein schönes Papier werden kann.

Das ist dann diese Forschungsarbeit, die man im kleinen Maßstab auf kleineren Papiermaschinen – wir haben solche Möglichkeiten dann im Labor oder auch wirklich in der Produktion -, dass man dann guckt, okay, wann erfüllt denn das Papier wirklich die Eigenschaften, die ich haben will.

Wenn man zum Beispiel ein Papier gegen das Licht hält, dann sieht man ja manchmal bei schönen Schreibpapieren ein Wasserzeichen, aber manchmal kann man auch noch einzelne Fasern erkennen. Fasern, die dazu neigen, sogenannte Knötchen zu bilden, die muss man eben noch ein bisschen feiner zermahlen, damit genau das nicht passiert. Weil, wenn ich mit dem Füller darüber schreiben möchte oder mit dem Pinsel drüber gehe oder mit einem Druckkopf in einem Fineart-Injet-Drucker, dann möchte ich nicht über so einen kleinen Knoten drucken, schreiben oder malen müssen. Das würde mein Kunstwerk oder mein Schreiben unmöglich machen.

Wie Baumwolle genutzt wird

Auch diese Baumwolle, diese Fasern kommen aus einer Zweitverwertung. Das ist auch ganz interessant. Früher haben wir alte Klamotten zermahlen, alte Lumpen zermahlen. Heute nutzen wir bei der Baumwolle die ganz feinen Fasern, die an der Samenkapsel der Baumwolle anhaften. Und das sind ganz feine, weiche Fasern, hochalterungsbeständig. Das ist das wertvollste Papier, was man herstellen kann aus diesen Baumwoll-Lintas.

Man kennt ja diese Baumwollpflanze, diese weißen Puscheln, die Blüten praktisch. Und das sind recht lange Fasern, die gehen in die Textilindustrie. Die Samen, die da drin sind, wenn man mal eine Baumwollpflanze anfassen kann, einfach mal diese weißen Puscheln ein bisschen drücken, dann spürt man die Samenkörner, die da drin sind. Und wenn man diese Samenkörner auch rauspulen würde, dann würde man sehen, welche weichen weißen Fasern an dieser Samenkapsel hängen. Und die werden abrasiert. Diese Fasern werden für die Papierherstellung genutzt, zum Beispiel auch für Banknotenpapier, weil es eben sehr hochalterungsbeständige Fasern sind. Der nackte Samen, der geht dann noch mal in die Ölindustrie, also in die Lebensmittelölindustrie. Da wird eben alles an der Pflanze quasi verwertet.

Was das Besondere an Büttenpapieren ist

Ja, Büttenpapiere, die wir zum Beispiel herstellen, haben eine sehr offene Oberfläche. Wir stellen diese Büttenpapiere ja hauptsächlich her, um sie für Künstler nutzbar zu machen. Da muss die Oberfläche recht offen sein, damit die Tinte oder die Farbe eben ein bisschen einsinken kann.

Das will man ja bei Schreibpapieren eben nicht. Wenn man Schreibpapier aus echt Büttenpapier haben möchte, wo auch noch ein schönes Wasserzeichen drin sein kann, dann müssen diese Papiere hinterher eine Oberflächenversiegelung bekommen. Die werden so ein bisschen wie gebügelt die Fasern, die man, wenn man sich das mikroskopisch vorstellt, die bei einem sehr offenen Papier ja praktisch hochstehen, echt Büttenpapier dann auch in alle Richtungen noch hochstehen. Man egalisiert sozusagen durch dieses Bügeln, sag ich jetzt mal, diese Oberfläche und macht die Oberfläche dadurch geschmeidig und für Füller zum Beispiel gut beschreibbar. Weil sonst, das kennen wir vielleicht alle noch aus der Schule möglicherweise, wenn man mit einem Füller auf einer sehr offenen Oberfläche schreibt, dann bleiben immer schön die Fasern an der Feder hängen und man hakt und man muss die wieder rauspulen. Das will man ja bei Schreibpapieren eben nicht. Deswegen werden diese echt Büttenpapiere dann Oberflächen behandelt.

Ja, tatsächlich, Büttenpapier ist nicht gleich Büttenpapier. Eigentlich darf sich nämlich Echtbüttenpapier nur das Papier nennen, was von einer Rundsiebpapiermaschine kommt. Wir haben als einer der wenigen Produzenten weltweit noch so eine Rundsiebpapiermaschine. Da laufen innerhalb der Maschine Maschinenteile, die sind von 1871. Das finde ich immer sehr beeindruckend. Sie laufen und laufen und laufen.

Und diese Echtbüttenpapiermaschine, die darf nur dieses sogenannte Büttenpapier produzieren, diese Rundsiebpapiermaschine. Das heißt, dort wird der eigentliche Handschöpfprozess von Papier, also so, wie Papier historisch hergestellt wurde, nachempfunden. Alle anderen sind, streng genommen, dann keine Büttenpapiere.

Aber natürlich, das ist oft ein Qualitätskriterium, was gerade in der Schreibwelt so verwendet wird. Ich schreibe auf echt Büttenpapier.

Wie erkennt man einen Büttenrand?

Es ist, glaube ich, schwer zu erkennen, ob das ein echter Büttenrand ist oder ob das ein nachträglich handgerissener oder maschinengerissener Rand ist. Es ist wirklich schwer zu erkennen. Bei uns ist es ein ganz natürlicher Rand, der da entsteht.

Man muss sich dieses Rundsieb so vorstellen: Auf diesem großen Siebzylinder sind kleine Stege aufgenäht aus Kupferdraht. Die begrenzen praktisch den Bogen. Die definieren die Bogengröße. Und dieser Kupferdraht, an dieser Stelle lagern sich eben keine oder wenig Papierfasern ab. An der Stelle wird dann das Papier in der Maschine bei der Herstellung gerissen. Und dieser Büttenrand, der sieht ganz natürlich aus.

Wenn das im Nachhinein gemacht wird, also dieser Büttenrand gerissen wird oder an Maschinen nachgestellt wird, die möglicherweise so einen sehr unregelmäßigen Rand einfach schneiden oder stanzen können: Man könnte es vielleicht erkennen, wenn man ganz genau hinguckt, ob da möglicherweise Papierfasern genau an dieser Stelle gequetscht wurden oder so.

Weil das bei uns nicht der Fall ist: Diese Papiere lagern sich ab auf den Filzen in der Papiermaschine, wo sie transportiert werden, wo sie getrocknet werden, wo sie ihre Oberflächenstruktur bekommen. Und in der Papiermaschine werden die an dieser vordefinierten Stelle, wo eben dieser Kupferdraht vorher aufgenäht war auf dem Siebzylinder, dort werden sie zwar auch maschinell, aber eben sehr natürlich gerissen.

Das passiert durch verschiedene Vorlaufgeschwindigkeiten. Das Papier oder die Papierbahn mit dieser vordefinierten Reißlinie wird transportiert auf einem Filz und geht dann über auf einen anderen Filz. Und der andere Filz ist einen Zacken schneller. Und in dem Moment, wo diese Papierübergabe erfolgt, wird an dieser vordefinierten Stelle das Papier ganz natürlich gerissen, weil dort an dieser vordefinierten Stelle eben etwas weniger Papierfasern einfach liegen.

Muss man sich so ein bisschen vorstellen wie ein Wasserzeichen. Das haben wir alle vor Augen. Ein Wasserzeichen entsteht dadurch, dass ich auf einem Papiersieb, auf dem der erste Produktionsschritt erfolgt, etwas aufgebracht ist, dann wird dieses Papier produziert. Dort lagern sich auf dem Sieb Papierfasern ab und dort, wo eine Erhebung ist, wo ein Wasserzeichen also aufgebracht wurde, dort lagern sich weniger Fasern ab. Deswegen können wir das ja gegen das Licht auch erkennen. Das Papier ist an der Stelle einfach dünner.

Und genau dieses Prinzip macht man sich beim Echtbütten-Papierranderzeugen zunutze. Man hat diese vordefinierten Stege, diese Begrenzung auf dem Rundsiebzylinder. Und dadurch, dass dort das Papier etwas dünner ist, kann man das dann maschinell bei diesem Übergang von einem Filz auf den nächsten. Durch eine unterschiedliche Geschwindigkeit wird das ganz natürlich gerissen.

Autor: Jörg Stroisch

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