(Foto: Jörg Stroisch)

Kolumne zur Insights-X: Wieso man seine Kunden nicht pauschalieren sollte

Morgens im Hotel passieren die besten Geschichten. Dass man daraus auch als Händler was mitnehmen kann, zeigt eines meiner Erlebnisse.

Kreativprozesse sind etwas Merkwürdiges: Sie werden manchmal durch Beiläufigkeiten angestoßen, führen aber dann zu interessanten Überlegungen. Und da ich heute Morgen im Hotel zwischen zwei Tischen saß – kurz bevor ich mich auf den Weg zur Insights-X gemacht habe – und ohnehin gerade darüber sinnierte, wie man sich am Kunden orientieren sollte (man erinnert sich: Gerade gestern hatte ich ja entsprechende Erlebnisse), hier die Anstöße.

Situation 1: Nebenan unterhielten sich zwei Bestatter (!). Und der eine sagte, dass er kürzlich einen Fall hatte, wo eine Urnenbestattung schwierig gewesen sei. Der Grund: Der Mensch war zu groß für einen Sarg. Jetzt muss man wissen, dass auch eine Feuerbestattung immer im Sarg stattfindet.

Schon eine skurrile Story, finde ich. Aber eben auch ein ganz normales Gespräch zwischen zwei Bestattern. Sie fachsimpelten über ihre tägliche Berufspraxis, ganz neutral. Und teilten ihr Wissen.

Was könnte man daraus für sich mitnehmen? Es gibt immer wieder Situationen, die im eigenen Geschäft überraschen, die unvorhergesehen sind und auf die es keine Standardantwort gibt. Und der Unterschied zu den erfundenen Stories für die Firmenbroschüre ist: Diese Situationen (oder auch Kundenfragen) sind authentisch. Und wer sich nun die Mühe gibt, darauf eine Antwort zu finden – und nicht einfach sagt, hier kann ich nicht weiterhelfen, habe keine Ahnung -, der sorgt für zufriedene Kunden. Und grenzt sich kilometerweit von den großen Online-Retailern ab, die eben „nur“ anhand von Webstatistiken analysieren, was die Mehrzahl der Kunden will, aber keine authentische Antworten bieten.

Situation 2: Am anderen Nachbartisch unterhielten sich potenziell Lehrer über Schüler auf Freizeiten. Und einer sagte: Ganz ehrlich, die Schüler aus NRW, die sind ein anderes Kaliber. Überhaupt nicht vergleichbar mit den Schülern aus Rheinland-Pfalz. Er meinte das ziemlich negativ.

Warum ist mir das aufgefallen? Zum einen komme ich aus NRW, und wer NRW kennt, weiß, dass es hier tausende von Schülern in einer nahezu unendlichen Anzahl ganz unterschiedlicher Regionen gibt. Oder wer würde ernsthaft das Sauerland und Köln mentalitätsmäßig auf eine Stufe stellen, oder gar Köln und Düsseldorf… Mir ist das also, ehrlich gesagt, negativ aufgestoßen – und da ich ursprünglich aus dem Ruhrgebiet komme, hätte ich anderen Zusammenhängen auch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ich eine solche Aussage für echten Bullshit halte.

Was könnte man daraus für sich mitnehmen? Pauschalierungen sind immer schwierig und passen auch nicht. Man kann damit eigentlich Kunden nur vor den Kopf stoßen. Deshalb halte ich zum Beispiel das nervige Aufflackern von Anzeigen mit anscheinend zu mir passenden Produkten im Internet für ein schwieriges Unterfangen: Sie pauschalieren Produktvorlieben, ignorieren aber, dass der Kunde vielleicht nicht pauschal beraten werden will. Lässt sich natürlich eins zu eins auf eine reale Beratungssituation im Geschäft beraten: Nicht jeder Kunde, der sich zum Beispiel für den Füller einer gewissen Premiummarke entscheidet, möchte auch noch das schon recht teure Etui dazu kaufen. Für manche gilt das vielleicht, für andere aber eben nicht. Der beste Trick gegen diese Pauschalierung: einfach fragen und nicht einfach sofort anbieten! Und: einfach tolerant bleiben!

Autor: Jörg Stroisch
Jörg Stroisch ist Journalist und agiler Coach - mit einer Leidenschaft für schöne Schreibgeräte.

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